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ACTA-Maßnahmen zur Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten im digitalen Umfeld können die Privatsphäre und den Datenschutz bedrohen, wenn sie nicht angemessen umgesetzt werden

24
Apr
2012

ACTA-Maßnahmen zur Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten im digitalen Umfeld können die Privatsphäre und den Datenschutz bedrohen, wenn sie nicht angemessen umgesetzt werden

Heute hat der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) seine Stellungnahme zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Unterzeichnung des Handelsübereinkommens zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (Anti-Counterfeiting Trade Agreement - ACTA) abgegeben. Die Stellungnahme zeigt, dass die mangelnde Klarheit des Abkommens bezüglich der Maßnahmen, die eingesetzt werden können, um Verstöße gegen geistige Eigentumsrechte im Internet zu verfolgen, unakzeptable Folgen für die Grundrechte haben können, wenn sie nicht richtig umgesetzt werden. Sie unterstreicht, dass viele der Maßnahmen zur Verstärkung der Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten eine breit angelegte Überwachung des Verhaltens und der Kommunikation von Nutzern beinhalten könnten. Diese Maßnahmen greifen tief in die Privatsphäre von Individuen ein und sollten nur umgesetzt werden, wenn sie für das Ziel der Durchsetzung von Rechten an geistigem Eigentum notwendig und verhältnismäßig sind.

Giovanni Buttarelli, Stellvertretender EDSB, sagte hierzu: "Obwohl mehr internationale Kooperation für die Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten nötig ist, dürfen die geplanten Mittel nicht auf Kosten der Grundrechte von Individuen gehen. Eine richtige Balance zwischen dem Kampf gegen Verletzungen des Rechts auf geistiges Eigentum und den Rechten auf Schutz der Privatsphäre und Datenschutz muss gewährleistet sein. Es scheint, dass ACTA in dieser Hinsicht nicht völlig erfolgreich war."

In seiner Stellungnahme betonte der EDSB besonders folgende Punkte:

  • Maßnahmen, die eine unterschiedslose oder breit angelegte Überwachung des Verhaltens und/oder der Kommunikation von Internetnutzern in Bezug auf geringfügige, nicht profit-orientierte Verstöße im kleinen Rahmen erlauben, wären nicht verhältnismäßig und würden gegen Artikel 8 der EMRK, Artikel 7 und 8 der Grundrechtecharta und die Datenschutzrichtlinie verstoßen.
  • Viele Maßnahmen der freiwilligen Durchsetzungskooperation würden eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch ISPs mit sich bringen, die über das nach EU-Recht erlaubte hinausgehen würde.
  • ACTA enthält keine ausreichenden Einschränkungen und Schutzmaßnahmen, wie etwa wirksamen Rechtsschutz, rechtsstaatliche Verfahren, das Prinzip der Unschuldsvermutung und die Rechte auf Privatsphäre und Datenschutz.

Hintergrundinformationen

ACTA ist ein internationales Handelsabkommen, das darauf abzielt, die Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten durch die Schaffung eines gemeinsamen Ansatzes für Durchsetzungsverfahren und die Vereinfachung der internationalen Kooperation von Staaten und zuständigen Behörden anzugehen. Das Abkommen befasst sich hauptsächlich mit Güterfälschung, Piraterie, widerrechtlicher Nutzung von Schutzmarken und Urheberrecht. Es enthält auch Maßnahmen, die spezifisch auf die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte im digitalen Umfeld abzielen. Im Februar 2010 hat der EDSB aus eigener Initiative eine Stellungnahme abgegeben, um die Aufmerksamkeit der Kommission auf die Privatsphären- und Datenschutzaspekte, die in den ACTA-Verhandlungen bedacht werden müssen, zu lenken. Die vorliegende zweite Stellungnahme basiert auf einer genauen Analyse des endgültigen Texts des Abkommens und zielt  darauf ab, Leitlinien bezüglich der von ACTA aufgeworfenen Privatsphären- und Datenschutzfragen zu geben. ACTA befindet sich im Moment in einem Zustimmungsverfahren im Europäischen Parlament.

Verfügbare Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch