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Überprüfung der Beziehung zwischen Transparenz und Datenschutz wird dringender nach EuGH-Urteil zu Bavarian Lager

30
Jun
2010

Überprüfung der Beziehung zwischen Transparenz und Datenschutz wird dringender nach EuGH-Urteil zu Bavarian Lager

Der Europäische Gerichtshof hat sein Urteil über den sogenannte "Bavarian Lager"-Fall bekanntgegeben (*). Dieser Fall gilt als richtungweisend für die Frage, wie sich das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit dem Grundrecht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten vereinbaren lässt.

Der Gerichtshof präzisierte bestimmte Schlüsselbegriffe der Verordnung über den Schutz personenbezogener Daten (**) und interpretierte die Verordnung über den Zugang zu Dokumenten (***) im Hinblick auf das Recht auf Schutz der Privatsphäre und Datenschutz.

Der Gerichtshof bestätigte das Urteil des Gerichts, wonach Familiennamen und Vornamen personenbezogene Daten sind und die Weitergabe dieser Daten unter die Definition der 'Verarbeitung' im Sinne der Verordnung über den Schutz personenbezogener Daten fällt.

Jedoch hat der Gerichtshof entschieden, dass die Anforderungen der Verordnung über den Schutz personenbezogener Daten in allen Fällen anzuwenden sind, in denen das Recht auf Zugang zu einem öffentlichen Dokument ausgeübt wird. Dagegen hatte das Gericht festgestellt, dass die Anforderungen dieser Verordnung nur in denjenigen Fällen anwendbar seien, in denen der Schutz der Privatsphäre oder die Integrität des Einzelnen verletzt werden, entgegen Artikel 8 der Europäischen Konvention für Menschenrechte. Nach Ansicht des EDSB zeigt dieses Urteil die Bedeutung der Überprüfung der Beziehung zwischen Transparenz und Datenschutz im Rahmen der laufenden Revision der Verordnung 1049/2001, die jetzt noch dringlicher als zuvor ist.

Peter Hustinx, EDSB, erklärt hierzu: "Das Urteil des Gerichtshofs bestätigt die Bedeutung der Überprüfung, wie zwei Grundrechte – Zugang zu Dokumenten und Datenschutz – im Lichte des Vertrags von Lissabon in Einklang gebracht werden sollten. Wir werden weiterhin dem EU-Gesetzgeber Beratung anbieten, um einerseits den Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten, aber auch andererseits um sicherzustellen, dass dieses Recht im Rahmen der größtmöglichen Transparenz der öffentlichen EU-Tätigkeiten ausgeübt wird."

(*) Urteil vom 29. Juni 2010 in der Rechtssache C-28/08 P, Kommission / Bavarian Lager.

(**) Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und auf dem freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1).

(***) Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den öffentlichen Zugang zu Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43).

Hintergrundinformationen

 

Der Kläger, Direktor der Bavarian Lager Company, hatte bei der Kommission um Zugang zu Dokumenten gebeten, die die Kommission bei der Prüfung einer Beschwerde des Klägers zu einem möglichen Verstoß gegen EU-Recht durch einen Mitgliedstaat erstellt hatte.  Die Kommission gewährte Zugang zu den angeforderten Dokumenten, einschließlich eines Sitzungsprotokolls, verweigerte jedoch die Preisgabe der Namen von fünf Personen, die die Sitzung auf vertraulicher Basis besucht und Einwände gegen die Offenlegung ihrer Namen hatten bzw. nicht kontaktiert werden konnten. Der Kläger reichte gegen diese Ablehnung Klage beim Gericht ein.

Die Kommission argumentierte, es sei erforderlich, bei der Entscheidung über Anträge auf Zugang zu Dokumenten im Rahmen der Verordnung über den Zugang zu Dokumenten das Erfordernis des Schutzes der Privatsphäre und des Datenschutzes zu achten – so wie es in der Verordnung zum Schutz personenbezogener Daten festgelegt ist.

Der EDSB schlug sich in diesem Fall auf die Seite des Klägers und verwies darauf, dass die Kommission die Verordnung über den Zugang zu Dokumenten und die Verordnung zum Schutz personenbezogener Daten zu streng ausgelegt habe. Nach Auffassung des EDSB sollte die Verletzung der Privatsphäre ausreichen, um die Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten mit personenbezogenen Daten zu rechtfertigen.

Der Europäische Gerichtshof folgte dem vom EDSB vorgeschlagenen Ansatz nicht, zumal er entschied, dass die Kommission den Zugang zu den Namen der Teilnehmer an der Sitzung, die die Weitergabe abgelehnt hatten, zu Recht verweigerte. Nach dem Urteil hätte der Kläger die Notwendigkeit der Datenübermittlung nachweisen müssen, was Bavarian Lager jedoch nicht tat.

Ein Vorschlag, die Verordnung über den Zugang zu Dokumenten zu überarbeiten, wird derzeit von den europäischen Organen erörtert. Der EDSB hat eine Stellungnahme zu diesem Vorschlag im Juni 2008 mit einem alternativen Text für die entsprechende Bestimmung der Verordnung angenommen.

Verfügbare Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch