Print

Die Kommunikationsvertraulichkeit der Nutzer muss im Rahmen einer ernsthaften Debatte über Netzneutralität effektiv mit einbezogen werden

7
Oct
2011

Die Kommunikationsvertraulichkeit der Nutzer muss im Rahmen einer ernsthaften Debatte über Netzneutralität effektiv mit einbezogen werden

Heute hat der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) eine Stellungnahme zur Mitteilung der Europäischen Kommission über das offene Internet und Netzneutralität in Europa*, einem Thema, das in den vergangenen Monaten großes Interesse und Kontroversen ausgelöst hat, angenommen. Netzneutralität bezieht sich auf die Frage, ob Internet Service Providern (ISPs) erlaubt werden sollten, den Netzwerkverkehr zu überwachen, um Internetzugang zu filtern oder beschränken, z. B. um bestimmte Dienstleistungen oder Anwendungen (u.a. peer to peer) zu blockieren oder anderen einen bevorzugten Zugang zu geben.

Der EDSB weist nachdrücklich auf die schwerwiegenden Folgen dieser Praktiken für das Grundrecht auf Privatsphäre und Datenschutz der Nutzer, insbesondere in Bezug auf Kommunikationsvertraulichkeit. Bestimmte Überprüfungstechniken, die von ISPs verwendet werden, können in der Tat höchst in die Privatsphäre eingreifend wirken, besonders wenn sie den Inhalt der Internetkommunikation von Einzelnen, einschließlich gesendeter oder empfangener E-Mails, besuchter Webseiten und heruntergeladenen Dateien, offenbaren. Nach Ansicht des EDSB ist es daher von entscheidender Bedeutung, dass die Einhaltung der Datenschutzvorschriften eng überwacht wird.

Peter Hustinx, EDSB, erklärt hierzu: "Das Konzept der Netzneutralität ruht darauf, dass Informationen über das Internet unparteiisch ohne Rücksicht auf Inhalt, Ziel oder Quelle übertragen werden sollten. Bei der Überwachung von individueller Internetkommunikation können ISPs die bestehenden Regeln der Kommunikationsvertraulichkeit, ein Grundrecht, das sorgfältig bewahrt werden muss, verletzen. Eine ernsthafte politische Debatte über Netzneutralität muss sicherstellen, dass die Kommunikationsvertraulichkeit der Nutzer effektiv geschützt wird."

Der EDSB betont, dass mehr getan werden sollte, um eine zufriedenstellende Politik auf den Weg zu bringen und fordert die Kommission dazu auf, eine Debatte unter Einbeziehung aller relevanten Akteure einzuleiten, um zu klären, wie die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen in diesem Zusammenhang gelten. Er empfiehlt weiterhin, Orientierungshilfe in folgenden Bereichen zu geben:

  • Bestimmung der Überprüfungspraktiken, die legitim sein können, wenn sie einen reibungslosen Ablauf des Verkehrs gewährleisten oder zu Sicherheitszwecken durchgeführt werden;
  • Bestimmung der Notwendigkeit der Nutzerzustimmung, z. B. in Fällen, in denen Filtern auf die Begrenzung des Zugangs zu bestimmten Anwendungen und Dienstleistungen (u.a. peer to peer) zielt;
  • in den oben genannten Fällen, Anwendung der erforderlichen Datenschutzgarantien (Zweckbindung, Sicherheit, usw.).

Abhängig von diesen Ergebnissen könnten sich zusätzliche gesetzliche Maßnahmen als notwendig erweisen. In einem solchen Fall sollte die Kommission politische Maßnahmen zur Stärkung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen und zur Gewährleistung der Rechtssicherheit vorbringen. Neue Maßnahmen sollten die praktischen Folgen des Grundsatzes der Netzneutralität klären und garantieren, dass die Nutzer die Möglichkeit haben, eine echte Wahl zu treffen, indem ISPs verpflichtet werden, nicht-überwachte Verbindungen anzubieten.

* Mitteilung der Europäischen Kommission vom 19. April 2011: "Offenes Internet und Netzneutralität in Europa" (KOM (2011) 222 endg.)

Verfügbare Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch